An lauen Sommerabenden lädt das offene Rund im Park der Villa Adolff zum Verweilen ein. Gelassen schweift der Blick über den Parkgarten, der sich Richtung Murr erstreckt. Die Südausrichtung sorgt in den Abendstunden für wohlige Temperaturen. Wer sich auf einen der Sitzplätze des Amphitheaters niederlässt, sieht auf eine im Teich schwimmende Bühne. Seerosen umschließen die kreisrunde Fläche. Das ganze Arrangement wirkt wie im Einklang, beruhigend und inspirierend zugleich.
Eine Visualisierung zeigt, wie sich das Amphitheater in den Park der Villa Adolff einfügt.
Im Hintergrund glänzt die aufwändig renovierte Villa. Wo viele Jahre eine Musikschule das Haus mit jugendlichem Leben und Klang füllt, ist inzwischen ein Ort für regionale Maler entstanden. Werke von Reinhold Nägele (Murrhardt), Leonhard Schmidt und Manfred Henninger (beide stammen aus Backnang) finden in der ehemaligen Fabrikantenvilla ein Zuhause.
Der Park mit Freiluftbühne und Villa ist zu einem Ort der Muse geworden. Den Planern ist es augenscheinlich gelungen, das Areal so zu gestalten, dass mehr als 800 Menschen im Rundtheater genügend Platz finden, um sich ganz der Musik, dem Gesang, der Kunst hinzugeben. Es hätte so schön sein können…
Ja, „hätte“, der Autor muss den Konjunktiv bemühen. Das Amphitheater, das Platz geboten hätte für Künstler wie die Comedian Harmonists, die jungen Tenören oder der Bläserphilharmonie Rems-Murr, wurde nicht gebaut. Leider. Um die Anlage erschaffen zu können, hätte ein Erdwall aufgeschüttet werden müssen, der auch als Lärmschutz hätte dienen sollen. Vorarbeiten dazu waren in vollem Gang. Selbst ein Akustiknachweis lag vor, der bescheinigt, Anwohner wären von den musikalischen Klängen nicht belästigt worden – so es denn eine Belästigung gewesen wäre.
Baurechtliche Verordnungen und die städtische Auslegung sorgten allerdings dafür, dass dieser Platz kein Ort der Ode wurde. Zumal die alte Gerberstadt nicht gerade gesegnet ist, mit Plätzen und Orten, die der Kunst Raum geben. Im Rems-Murr-Kreis sind andere Kommunen Kulturell weitaus besser aufgestellt: Die Galerie Stihl sorgt in Waiblingen für Renommee, Schorndorf schmückt sich mit der weit über die Region hinaus bekannten Manufaktur. Und wer der B14 nach Schwäbisch Hall folgt, trifft auf die Freilichtspiele. Die Treppe vor St. Michael dient seit fast 100 Jahren als Bühne für großes Theater.
Dabei wäre die Gelegenheit für Kultur auch in Backnang durchaus gegeben. Durch die Nähe zur Stuttgarter Musikhochschule, zur international anerkannten Oper und zum prämierten Ballett der Landeshauptstadt, gäbe es sicher Musiker, Sänger und Tänzer, die eine Bühne in Backnang hätten bespielt wollen. So aber bleibt der Park der Villa Kulturfreunden verschlossen. Bienenvölker und anderes Kleingetier tummelt sich stattdessen auf dem prächtigen Anwesen. Zu hören ist am Abend nur das Summen der Tiere, Schubert und Smetana erklingen weiterhin woanders. Wie schade.