Vorgarten: Die grüne Visitenkarte der Firma

Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Das wissen Karriere-Berater, Knigge-Trainer und auch Gärtner. So wie Peer Schiefer. Der 50-Jährige ist auf dem RIVA-Gelände zuständig für diesen ersten, bleibenden Eindruck. Zumindest den Floralen. Wer das große, metallene Eingangstor der RIVA GmbH Engineering passiert hat, den empfangen rechts, und links neben dem Parkplatz, großzügige Grünflächen.

RIVA-Gärtner Peer Schiefer sorgt an seinem Arbeitsplatz für einen schönen Schnitt.

Auf der eine Seite kultiviert der Mann, dem man auf angenehme Weise ansieht, dass er sein Arbeitsleben im Freien verbracht hat, eine 6000 m² große Blumenwiese. Viele Beikräuter, wie Fachleute Unkräuter nennen, weil es keine unnützlichen Pflanzen gibt, wachsen hier meterhoch. „Ein Ideal für Insekten und ein Idyll für Menschen“, findet der Backnanger, der seit seinem zwölften Lebensjahr weiß, dass er die Natur liebt.

„Schuld ist meine Mutter“, erzählt der kräftig Gewachsene und lacht herzhaft, wie er es immer wieder im Laufe des Gesprächs tut. Sie habe dem Heranwachsenden einen Farn ins Zimmer gehängt. Schick in einer Blumenampel, wie es 1982 noch modern war. Der kleine Peer hegt und pflegt das Grüngewächs. Im Eifer sprüht er Blätterglanz, den er im Keller findet, auf die Pflanze, die ihm das nicht dankt.

Frühe Vorzeichen

„Ich hätte die Rückseite der Dosen lesen sollen“, lacht der erwachsene Peer. Dort steht: „Nicht für Farne geeignet“. Doch die braune, blätterlose Zimmerpflanze entfachte zuerst seinen Ehrgeiz und später seine Liebe zur Natur. „Irgendwann war klar: Ich gehe nicht zum Daimler, wie der Vater, sondern lerne Gärtner“, erinnert sich Schiefer, der damit seinen Erziehungsberechtigten mehr als irritiert.

Vom Vater stammt indirekt die Prägung fürs Spielerische, fürs Leichte. Als Jahreswagenfahrer mit Stern achtete er sehr auf sein heiliges Blech. „Bevor wir als Kinder auf die Rückbank des Benz klettern durften, hat er die Hosentaschen abgetastet“, so Schiefer. Der Grund: Spitze Gegenstände im Hosensack schaden dem edlen Mercedes-Poster. Die Strenge bewirkt das Gegenteil. „Ich wollte mit Autos nichts mehr zu tun haben“, erinnert sich Schiefer.

Als ihm 2018 der Job als Hausgärtner bei RIVA angeboten wird, ist er wieder mit sachlicher Strenge konfrontiert. Die parkähnliche Anlage, rechts des Eingangstors, betont die geradlinige Architektur der Firmengebäude. Markante Grünstreifen aus China-Schilf wirken streng – und damit wenig natürlich, wie der neue Gärtner findet. Berufsbedingt ist ihm das Ökologische näher als das Ökonomische.

Spagat gelingt

Bei der Garten- und Geländegestaltung bei RIVA kann er das leben. Nicht, dass die Budgets für neue Pflanzungen besonders hoch wären. „Aber der Chef liebt es im Garten ebenso natürlich wie wir Gärtner“, weiß Schiefer, und so gelingt ihm und seinem Kollegen Kevin Mühlbach mit behutsamer Hand, Lavendel, Salbei und Zierlauch, der Spagat zwischen englischer Parkanlage, Wildblumenwiesen-Ambiente und China-Schilf.

Weil englische Gärten als geschwungenes Gelände angelegt sind, folgt auch das Riva-Areal dieser Gartenbautradition. Im Gegensatz etwa zu französischen oder italienischen Parks. Letztere charakterisiert die Geometrie der Renaissance, die sich auf die Antike besinnt. Wer einmal Beete bei Florenz besucht hat, sieht Rauten, Kreise und Rechtecke. Ähnlich in Frankreich: Dort spiegeln Gartenanlagen die formale Strenge des Barocks. Gut zu begutachten rund ums Schloss Versailles.

Doch der RIVA-Sitz ist in Backnang, am Herzschlag der als sparsam geltenden Schwaben. Und so hegt, hackt und mäht Gärtner Schiefer das weitläufige Areal in den Lerchenäckern. Gestaltet die Beete um den etwa 1000m² großen Teich kulissengleich und fährt zudem wöchentlich in die Adolff-Villa, die ebenfalls zum RIVA-Immobilienbestand zählt. Dort warten ein x-Hektar englischer Rasen, 300 Meter Hecke sowie etliche Ziersträucher und Büsche auf einen Formschnitt. Und weil die Stadt den Bürgerpark nicht mehr pflegt, der ebenfalls zu RIVA gehört, übernimmt auch dies das Gärtner-Duo.

Artenvielfalt statt Monokultur

Schiefers Herz wiederum erfreuen die wilden Blumen und Beikräuter, die auf dem Firmengelände gedeihen dürfen. Als Mann mit ökologischem Blick weiß der Experte, wie lang und wie hoch die Gräser stehen müssen, damit die Samen auf den Erdboden fallen können. Viel zu oft würden Wiesen viel zu schnell gemäht. Auch auf dem RIVA-Gelände herrschte diese Unsitte. “Die Aussicht auf schnell verdientes Geld lässt Gärtner zu früh mähen”, verdeutlicht Schiefer. So entstünde eine Monokultur mit geringer Artenvielfalt.

Aktuell ändert das Gärtnerteam diesen Umstand. Bis in ein, zwei Jahren sollen die Wiesen bunter blühen. Ein Zeichen für eine intakte Natur. Deshalb darf auf dem kürzeren Rasenstück sogar Löwenzahn sprießen und das Grün jährlich zur gelben Matte verwandeln. “Getrocknet als Tee ist er gut für die Blase und damit für uns Männer”, lacht Schiefer wissend um erste Eindrücke und die Heilwirkung von Gartengewächsen. 

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